Reale Gase


Abb. 1: Die Änderung der potentiellen Energie zweier Moleküle als Funktion des Abstandes (Lennard-Jones 6-12-Potential). Große positive Energien bei kleinen Abständen kommen dadurch zustande, dass hier die abstoßenden Wechselwirkungen stark überwiegen. Bei mittlerem Abstand dominieren die Anziehungskräfte und die potentielle Energie ist deutlich negativ. Wenn die Entfernung zwischen den Molekülen hinreichend groß wird, treten beide nicht mehr miteinander in Wechsel-wirkung; die potentielle Energie wird null.

Reale Gase erfüllen die Zustandsgleichung des idealen Gases nicht exakt. Dabei werden die Abweichungen um so signifikanter, je höher der Druck und je niedriger die Temperatur ist; am deutlichsten wirken sie sich am Punkt der Kondensation zur Flüssigkeit aus. Der Grund für die Abweichung realer Gase vom idealen Verhalten ist die zwischenmolekulare Wechselwirkung: Gegenseitige Abstoßung der Moleküle begünstigt die Expansion, Anziehungskräfte begünstigen die Kompression. Die Abstoßung zwischen neutralen Molekülen ist eine Kraft mit (auch im Vergleich zum Moleküldurchmesser) kurzer Reichweite, die erst dann signifikant in Erscheinung tritt, wenn sich die Moleküle fast berühren (s. Abbildung). So kleine mittlere zwischenmolekulare Abstände sind nur bei hoher Teilchendichte zu erwarten.  Sie kommt hauptsächlich durch die elektrostatische Abstoßung zwischen den äußeren Elektronenwolken der Moleküle zustande. Es gilt für die Kraft dieser Repulsion: FR ~ - r-13. Anziehungskräfte besitzen dagegen eine relativ große Reichweite, sie wirken über einige Moleküldurchmesser hinweg. Die Anziehungskräfte sind auf eine besondere Elektronenanordnung in einem Molekül relativ zu einem anderen Molekül zurückzuführen. Daher sind sie bei Abständen mittlerer Länge interessant; bei großer zwischenmolekularer Entfernung (am äußeren rechten Rand der Abb.) spielen sie keine Rolle mehr. Die Anziehungskräfte, auch Londonsche oder Dispersionskräfte genannt,  sind näherungsweise umgekehrt proportional zur 7. Potenz des Abstandes r, FA ~ r-7. Im allgemeinen ist es einfacher, statt der Kraft die potentielle Energie V(r) zu betrachten, F = - dV(r)/dr. Für das Potential, als Summe von Abstoßung und Anziehung, erhält man dann
 

V(r)  = 4 ε [ (σ/r)12 - (σ/r)6 ]

wobei ε die maximale Anziehungsenergie (Tiefe des Potentials) ist. Für r = σ und r → ∞ wird V(r) = 0. Man nennt dieses Potential Lennard-Jones 6-12-Potential.
Unabhängig von der spezifischen Gestalt des Wechselwirkungspotentials gilt, dass sich ein Gas ideal verhält, wenn die Moleküle weit voneinander entfernt sind, so dass zwischenmolekulare Wechselwirkungen ohne Einfluss sind - das heißt, bei geringem Druck. Bei mäßigem Druck dominiert die Anziehung, da die Entfernung zwischen zwei Molekülen nur einige Teilchendurchmesser beträgt. Ein solches Gas sollte leichter komprimierbar sein als ein ideales. Bei weiterer Druckerhöhung überwiegen schließlich die Abstoßungskräfte, so dass das Gas schwer zu komprimieren ist.

 

 

 
 
 

 Der Kompressionsfaktor 

Abb. 2: Die Variation des Kompressionsfaktors 
Z = pVm / RT mit dem Druck für einige Gase bei 0°C. Für ein ideales Gas gilt bei beliebigem Druck Z = 1. Die Kurven nähern sich für p 0 dem Wert 1 mit unterschiedlichen Steigungen.
   Die Abhängigkeit der zwischenmolekularen Kräfte vom Teilchenabstand kann man mit Hilfe des Kompressionsfaktors Z (der auch als Realgasfaktor oder kurz Realfaktor bezeichnet wird)
 
Z  =  pVm /RT

veranschaulichen. Für ein ideales Gas erhält man immer Z = 1; die Abweichung von 1 ist daher ein Maß für die Abweichung vom idealen Verhalten. Z wird in Abhängigkeit vom Druck aufgetragen.  Die Abbildung zeigt einige experimentelle Werte von Z. Bei sehr kleinen Drücken verhalten sich die Gase nahezu ideal; Z ≈ 1; bei sehr hohen Drücken ist Z immer größer als 1, d.h. die Gase sind schwerer zu komprimieren als ein ideales Gas (pVm>RT). Es dominiert die Teilchenabstoßung. Bei mäßigem Druck ist für die meisten Gase Z < 1, d.h. die anziehende Kräfte sind bestimmend und das Gas ist vergleichsweise leicht komprimierbar.

Auf diesem Webangebot gilt die Datenschutzerklärung der TU Braunschweig mit Ausnahme der Abschnitte VI, VII und VIII.