Bildungsenthalpien

Besonders einfach läßt sich die Reaktionsenthalpie berechnen, wenn thermochemische Daten aller an der Reaktion beteiligten Stoffe relativ zu ihren Elementarbausteinen unter Standardbedingungen vorliegen.

Die Bildungsenthalpie ΔBH° eines Stoffes ist die Reaktionsenthalpie seiner Bildung aus den Elementen in ihrem jeweiligen Referenzzustand.

Der Referenzzustand eines Elementes ist dessen stabilste Form bei der gegebenen Temperatur und einem Druck von 0,1 MPa. So ist beispielsweise der Referenzzustand von Stickstoff bei 298 K das zweiatomige Gas N2, von Quecksilber ist es Hg (l), von Kohlenstoff Graphit und von Zinn die weiße (metallische) Modifikation. Die einzige Ausnahme bildet Phosphor: Sein Referenzzustand ist das weiße Allotrop, obwohl diese Modifikation nicht die stabilste ist; sie ist aber am einfachsten zu reproduzieren. Die Standardbildungsenthalpie einer Verbindung wird als molare Größe angegeben; das bedeutet, in der thermochemischen Gleichung der Bildungsreaktion erhält diese Verbindung die Stöchiometriezahl (+1). So bezieht sich beispielsweise die Standardbildungsenthalpie flüssigen Benzols bei 298 K auf die stöchiometrische Gleichung

6C (s, Graphit) + 3H2 (g) → C6H6 (l),

sie beträgt + 49,0 kJ mol-1. Die Standardbildungsenthalpie von Elementen im Referenzzustand sind bei jeder Temperatur gleich null.

z.B. ΔBH°(N2)  = 0,     ΔBH°(C, Graphit)  = 0

Einige Standardbildungsenthalpien sind in der Tabelle  aufgeführt.
 
 

 Standardbildungsenthalpien  ΔBH° / (kJ mol-1) bei 298 K
H2O (l) - 285,8 H2O2 (l) - 187,8
NH3 (g) - 46,1 N2H4 (l) + 50,6
HN3 (l) + 264 NO (g) + 90,3
NO2 (g) + 33,2 N2O4 (g) + 9,2
NaCl (s) - 411,2 KCl (s) - 436,8

Als ein Modell für chemische Reaktionen können wir uns vorstellen, dass zunächst die Ausgangstoffe in ihre Elemente zerlegt und diese dann zu den Produkten zusammengesetzt werden. Die Enthalpie der Gesamtreaktion, ΔRH°, ist dann die Summe dieser "Zerstörungs"- und Bildungsenthalpien; dabei besitzt eine Zerstörungsenthalpie immer den negativen Wert der entsprechenden Bildungsenthalpie. Diese Überlegung zugrunde gelegt, reicht die Kenntnis der Bildungsenthalpien aller an einer Reaktion beteiligten Stoffe aus, um die Reaktionsenthalpie jeder beliebigen Reaktion zu berechnen. Betrachten wir die Reaktion

2HN3 (l) + 2NO (g) → H2O2 (l) + 4N2 (g).

Ihre Enthalpie ist die Summe folgender Beiträge:
 
 

2HN3 (l) → 3N2 (g) + H2 (g),          - 2 ΔBH° (HN3, l),
2NO (l) → N2 (g) + O2 (g),            - 2 ΔBH° (NO, g),
H2 (g) + O2 (g) → H2O2 (l),                 ΔBH° (H2O2, l).

Aus den Daten der Bildungsenthalpien erhalten wir dafür ΔRH° = ΔBH°(H2O2,l) - 2ΔBH°(NO,g) - 2ΔBH°(HN3,l) = -896,4 kJ mol-1. Der Zusammenhang zwischen Bildungsenthalpie und Reaktionsenthalpie ist:

ΔRH°  = ΣJνJΔBH° (J).

Eine ausgezeichnete Quelle von Bildungsenthalpien findet sich hier.




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