Folgereaktionen A → B → C

In den einfachsten Fällen ist es möglich, die Bildungs- oder Zerfallsgeschwindigkeit der Ausgangs-, Zwischen- und Endprodukte einer Reaktionsfolge mathematisch geschlossen abzuleiten. Die Bildung eines Stoffes C aus A über ein Zwischenprodukt B als Folge zweier irreversibler Prozesse 1. Ordnung
 

k k'
A B C

soll als einfaches Beispiel eingehender diskutiert werden: Die Ausgangskonzentrationen bei t = 0 seinen [A]o bzw. [B]o = 0 und [C]o = 0. Für die Zerfalls- bzw. Bildungsgeschwindigkeiten müssen wir dann ansetzten:
 

d[A]/dt  =  − k [A]
d[B]/dt  =  k[A] − k'[B]
d[C]/dt =  k'[B]

Die Lösung für [A] kennen wir bereits:
 

[A]  =  [A]o e−kt

Die Konzentration [A] des Ausgangstoffes A nimmt wie bei jeder Reaktion erster Ordnung exponentiell mit der Zeit ab. Für [B] ergibt sich damit
 

d[B]/dt  =  k[A]o e−kt − k'[B]

Das ist eine lineare Differentialgleichung erster Ordnung, die sich mit Hilfe der Lagrangeschen Methode der Variation der Konstanten lösen lässt:

Wir integrieren zunächst die homogene Differentialgleichung

d[B]/dt + k' [B]  =  0

und erhalten dabei
[B]  =  c · e−k' t

Dann setzen wir als Lösung für die inhomogene Differentialgleichung an

[B]  =  c(t) e−k' t

und erhalten für die von t abhängige Größe c(t)

c(t)  =  − k[A]o/k−k'· e−(k−k')t + konst

so dass die allgemeine Lösung nach Berücksichtigung der Anfangsbedingungen lautet
 

[B]  =  k[A]o/k'k(e−k t − e−k' t)

Die Konzentration [C] des Endprodukts C erhalten wir aus der Bilanz

[A]o  =  [A] + [B] + [C]

[C]  =  [A]o (1 k'/k'−k e−k t + k/k'−k e−k1't)
Abb.1: Zeitlicher Verlauf für den Prozess A → B → C mit den Geschwindigkeitskonstanten k bzw. k'.
Anfangsbedingungen sind  [A]o aber  [B]o = [C]o = 0.

In der Abbildung sind die Konzentrationen des Ausgangsstoffes [A], des Zwischenprodukts [B] und des Endprodukts [C] für eine Ausgangskonzentration [A]o = 1 mol·dm-3 und verschiedene Verhältnisse der Geschwindigkeitskonstanten k und k'.  Der Vergleich der Abbildungen zeigt, dass bei einem großen Wert des Verhältnisses k/k' das Ausgangsprodukt A schnell abgebaut wird und das Zwischenprodukt B intermediär in hoher Konzentration auftritt, während bei einem kleinen Wert dieses Verhältnis A nur langsam verbraucht wird und B nur in geringerer Konzentration vorliegt. Der zeitliche Verlauf der Konzentration des Endproduktes C ändert sich nicht, wenn die Werte von k und k' vertauscht werden, wie auch aus der Gleichung für C hervorgeht. Ein Vergleich der Abbildungen lässt auch erkennen, wie sich bei festgehaltenen Werten von [A]o und k eine Veränderung von k' auf den zeitlichen Konzentrationsverlauf von B und C auswirkt: Durch eine Verringerung von k' verschiebt sich das Auftreten der Maximalkonzentration von B nach größerer Reaktionszeit und die Induktionszeit bis zum Auftreten merklicher Mengen an Reaktionsprodukt C wird deutlicher.

Als Beispiel für eine Folge von zwei Reaktionen erster Ordnung kann der thermische Zerfall von Aceton dienen, der nach Winkler und Hinshelwood über die Stufen

O
| |
CH3 C CH3 CH2 = CO + CH4
CH2 = CO ½ C2H4 + CO
verläuft.
Wird das Verhältnis k/k' extrem groß oder klein (s. die beiden linken Abb.), d.h. ist k >> k' oder k << k', so geht die Gleichung für C über in
 
[C]  =  [A]o · (1 − e−k' t)     wenn k >> k'
oder
[C]  =  [A]o · (1 − e−k t)     wenn k << k'

Der Reaktionsablauf wird dann allein durch die langsamere der beiden Folgereaktionen bestimmt, die Zeitabhängigkeit der Konzentration [C] entspricht einer Reaktion erster Ordnung.

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