Thermodynamische Funktionen aus Zellpotentialen

Im Folgenden wollen wir einen Zusammenhang zwischen den bekannten Thermodynamischen Größen und der Gleichgewichtszellspannung ableiten, da man dann auf einfache Weise Gleichgewichtskonstanten, Freie Enthalpien und Entropien verschiedenster Reaktionen messen kann. Der Zusammenhang zwischen Standardpotenzialen und Freier Standardenthalpie der Zellreaktion ist durch ΔRG0 = -v FE0 gegeben. Daraus berechnet man die Freie Bildungsenthalpie der Ionen unter Verwendung der Konvention "ΔG(Produkte)-ΔG(Edukte)"

Aus der thermodynamischen Beziehung (G/T)p = -S folgt, dass die Entropie der Zellreaktion sich aus der Temperaturabhängigkeit dE0/dT des Zellpotenzials ergibt   (dG0/dT =-v FdE0/dT = -S):

dE0/dT = ΔRS0/vF

(Dies ist ein totales Differenzial, da E0 genau wie ΔRG0 nicht vom Druck abhängt.)

Wir können also aus elektrochemischen Messungen Standardenthropien der Zellreaktionen und daraus die Enthropien der Ionen in Lösung bestimmen.

Nutzen wir nun noch die Beziehung (Definition) ΔG=ΔH-T ΔS, dann erhalten wir für die Standardreaktionsenthalpie:

ΔRH0 = ΔRG0 + T ΔRS0 = -vF[E0 - T(dE0/dT)]

Man hat auf diese Weise eine Alternative zur kalorimetrischen Messung von ΔRH0 und kann (aufgrund der Vereinbarung, dass ΔBH0(H+, aq) = 0 ist) die Standardbildungsenthalpien von Ionen in Lösung bestimmen. Elektrochemische Messungen lassen sich somit zur Berechnung aller thermodynamischen Größen verwenden.

 

Die Bestimmung von Gleichgewichtskonstanten

Die wichtigste Anwendung der Standardpotenziale besteht in der Berechnung der Standardzellspannung einer Zelle, die aus zwei beliebig vorgegebenen Elektroden aufgebaut ist. Dazu subtrahieren wir das Standardpotenzial der linken Elektrode vom demjenigen der rechten Elektrode:

E0 = E0rechts - E0links

Wegen ΔRG0 = -vFE0 folgt daraus, dass die Gleichgewichtskonstante der Zellreaktion größer ist als eins, wenn man nach dieser Gleichung eine Standardzellspannung größer als Null berechnet.

Beispiel:

Von einer Disproportionierung spricht man, wenn eine Spezies in derselben Reaktion sowohl oxidiert als auch reduziert wird. Wir untersuchen die Disproportionierung  2 Cu (aq) Cu (s) + Cu2+ (aq)  durch Kombination folgender Elektroden:

rechts: Cu (s) | Cu+ (aq) Cu+ (aq) + e- Cu (aq) E0 = +0,52 V
links: Pt (s) | Cu2+ (aq), Cu+ (aq) Cu2+ (aq) + e- Cu2+ (s) E0 = +0,16 V

Die Standardpotenziale wurden bei 298 K gemessen; die Standardzellspannung ist also

E0 = +0,52 V - 0,16 V = +0,36 V

Daraus können wir nun die Gleichgewichtskonstante der Zellreaktion berechnen. Mit v = 1 folgt daraus

ln K = vFE0/RT = 0,36 V/0,025693 V

K = 1,2 ·106

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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