Der Begriff der Gruppe
Moleküle (und Kristalle) besitzen in der Regel nicht nur ein sondern mehrere Symmetrieelemente. Dabei ist aber nicht jede beliebige Kombination möglich. Wenn z. B. eine Spiegelebene vorhanden ist, so kann sie nie schräg zu einer Drehachse orientiert sein (die Achse muss entweder senkrecht zur Ebene oder in ihr liegen). Dieses Beispiel macht deutlich, dass die Symmetrieelemente eines Moleküls meist nicht unabhängig voneinander koexistieren, sondern oft miteinander verknüpft sind. Eine Beziehung zwischen ihnen läßt sich über einen der wichtigsten Begriffe der modernen Mathematik den Begriff der Gruppe herstellen. Mögliche Kombinationen ohne Translationssymmetrie nennt man Punktgruppe. Die Bezeichnung bringt zum Ausdruck, dass nur einfache Kombinationen von Symmetrieelementen möglich sind, bei denen es einen ausgezeichneten Punkt oder eine ausgezeichnete Achse gibt, durch welche alle Symmetrieelemente verlaufen.
Die Anzahl (Menge) der Symmetrieelemente, die ein Molekül besitzt, bestimmt dessen Symmetrie, und wird in einer Gruppe zusammengefaßt. Für diese Gruppe ist eine „ Verknüpfungsvorschrift“ definiert, wobei folgende vier Bedingungen erfüllt sein müssen:
Beispiel NH3
Einige der grundlegenden Überlegungen aus der Gruppentheorie sollen
im weiteren am Beispiel des Ammoniak-Moleküls näher erläutert
werden. Dem Ammoniak-Molekül lassen sich die Symmetrieoperationen
E, C3+, C3-, σv,
σv'
und σv" zuordnen; es gehört
demnach zur Gruppe C3v.
C3+ | - Rotation um die vertikale 3-zählige Drehachse gegen den Uhrzeigersinn |
C3- | - Rotation um die 3-zählige Drehachse im Uhrzeigersinn (Movie, 455kB) |
σv | - Spiegelung an vertikaler Ebene σv (Movie, 393kB) |
σv' | - Spiegelung an vertikaler Ebene σv' |
σv" | - Spiegelung an vertikaler Ebene σv" |
Wie bereits weiter oben erwähnt, führt die aufeinenderfolgende
Ausführung bestimmter Symmetrieoperationen zu weiteren Symmetrieoperationen
. Hierzu sei angemerkt, dass die jeweils hintereinander ausgeführten
Symmetrieoperationen immer durch eine einzige aus derselben Gruppeersetzbar
sind. Diese Tatsache ist eine wesentliche und wichtige Eigenschaft einer
jeden Gruppe.
Das Hintereinenderausführen der Operationen wird symbolisch als
Multiplikation dargestellt. Die Schreibweise E = C3-C3+
bedeutet, dass zuerst die Rotation gegen den Uhrzeigersinn (C3+)
und danach im Uhrzeigersinn (C3-) erfolgt. Vereinbarungsgemäß
steht rechts immer die Operation, die zuerst ausgeführt wird. Werden
die Faktoren vertauscht (wodurch sich die Abfolge der Symmetrieoperationen
ändert) kann es im Unterschied zur gewohnten Schularithmetik vorkommen,
das hierdurch das "Produkt" verändert wird. In der nachfolgenden Abbildung
wird deutlich, dass die Endposition der Wasserstoffatome im Ammoniak-Molekül
davon abhängt, in welcher Reihenfolge die Symmetrieoperationen durchgeführt
werden.
![]() |
Abb.1: Abhängigkeit des
Produktes zweier Symmetrieoperationen von der
Abfolge ihrer Ausführung am Beispiel des Ammoniak-Moleküls. |
Aus den sechs Symmetrieoperationen des Ammoniakmoleküls lassen
sich durch Multiplikation von jeweils zwei Symmetrieoperationen insgesamt
sechsunddreißig Produkte bilden, die in der folgenden sogenannten
"Multiplikationstabelle" zusammengefaßt sind (zunächst wird
die Transformation aus der Zeile ausgeführt, danach die Transformation
aus der Reihe).
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Die Transformationen lassen sich auch als Matrizen-Multiplikation darstellen. Allgemeines zur Transformation eines Punktes mit (x,y,z)-Koordinaten gibt's hier.
Durch die Multiplikation zweier Matrizen erhält man eine neue Matrix,
die eine Symmetrieoperation darstellt. Beispielsweise stimmt der Ausdruck
D(σv)D(C3+)
= D(σv") genau mit der Multiplikationsregel
σvC3+
=
σv"
überein.
Der Satz von sechs Matrizen, die alle Symmetrieoperationen der Gruppe
C3v darstellen, heißt Matrix-Darstellung der Gruppe C3v.
Auf diesem Webangebot gilt die Datenschutzerklärung der TU Braunschweig mit Ausnahme der Abschnitte VI, VII und VIII.