Unabhängige Teilchen

Die Bestimmung der Zustandssumme Q ist also der Königsweg, um alle denkbaren thermodynamischen Grössen durch einfache mathematische Ableitungen zu erhalten. Wir wollen die Zustandssumme des Gesamtsystems nun detaillierter betrachten, indem wir annehmenn, dass die Teilchen unabhängig sind, also nicht miteinander wechselwirken. Dieser Ansatz war ja bereits äusserst hilfreich bei der Entwicklung der kinetischen Gastheorie. Für solche interaktionsfreien Teilchen muss die Zustandssumme Q einfach durch das Produkt der Zustandssumme q für die einzelnen unabhängigen Teilchen sein:

Q  =  {q}Teilchen1· {q}Teilchen2 · {q}Teilchen3 · ...... {q}N

Q  =  qN

Die Gleichung ist völlig korrekt, wenn wir genau wissen, was Teilchen 1, Teilchen 2 etc. ist.

Wenn die Teilchen identisch sind und sich frei  bewegen können, so können wir sie nicht unterscheiden. Ist z.B. das Molekül Nr. 1 im Zustand a, das Molekül Nr. 2 im Zustand b und das Molekül Nr. 3 im Zustand c, dann gibt es in der betreffenden Gesamtheit ein Glied mit der Energie E = Ea + Eb + Ec. Dieses Glied ist aber nicht von einem Glied zu unterscheiden, bei dem das Molekül Nr. 1 im Zustand b, das Molekül im Zustand c und das Molekül im Zustand a ist, aber auch nicht von irgendeiner anderen Permutation, von denen es hier 3! = 6 und allgemein N! gibt. Das bedeutet, wir erhalten im Fall ununterscheidbarer Teilchen eine zu grosse Anzahl von Zuständen, wenn wir ausgehend von der Summe über die Systemzustände die Summe über die Molekülzustände berechnen. Mit Q = qN ergibt sich also ein zu hoher Wert. Wenn wir von extrem tiefen Temperaturen absehen, so lautet der entsprechende Korrekturfaktor 1/N! Es gilt daher
 

für unterscheidbare Teilchen Q  =  qN
und für ununterscheidbare Teilchen Q  =  qN/N!

Wann sind denn nun Teilchen unterscheidbar, und wann sind sie ununterscheidbar? Ununterscheidbare Teilchen müssen von der selben Art sein, denn man kann natürlich ein Argon-Atom immer von einem Neon-Atom unterschieden. Die Identität ist aber nicht das einzige Kriterium. Denn wenn identische Teilchen Teil eines Kristallgitters sind, kann man jedes durch seine Koordinaten beschreiben und sie damit voneinander unterscheiden. Es gilt also für die Teilchen in einem Kristallgitter Q = qN. Dagegen können sich Teilchen eines Gases frei bewegen und lassen sich nicht anhand von Identitätsmerkmalen verfolgen; wir haben deshalb für sie Q = qN/N! zu verwenden.
 

Q  =  qN/N!

Wir wollen nun einige Thermodynamische Funktionen berechnen:
 

unterscheidbare Teilchen
Q  =  qN
ununterscheidbare Teilchen
Q  =  qN/N!
freie Energie A = −kT lnQ
Aunt  =  −NkT ln q Aunu  =  −NkT ln q + kT ln N!
mit Stirlingscher Formel  lnN! ≈ N lnN − N
Aunu  =  −NkT (ln q/N + 1)
innere Energie U = kT² ∂lnQ/∂T
Uunt  =  NkT² ∂lnq/∂T Uunu  =  kT² (N ∂lnq/∂T-lnN!/∂T)
Uunu  =  NkT² ∂lnq/∂T
Enthalpie H = kT² (∂lnQ/∂T) + kTV ∂lnQ/∂V    mit   p = kT ∂lnQ/∂V
Enthalpie H = U + pV = U + NkT
Hunt  =  NkT² ∂lnq/∂T + NkT Hunu  =  NkT (T ∂lnq/∂T + 1)
Entropie S = U/T + k lnQ
Sunt  =  NkT ∂lnq/∂T + Nk lnq Sunu  =  NkT² ∂lnq/∂T + kN lnq − k lnN!
Sunu  =  Nk (T ∂lnq/∂T + lnq/N + 1)
freie Enthalpie G = A + pV
Gunt  =  −NkT lnq + NkT
Gunt  =  NkT (1 − lnq)
Gunu  =  −NkT (lnq/N + 1) + NkT
Gunu  =  −NkT lnq/N
spezifische Wärme cV = ∂U/∂T
cV  =  NkT (2 ∂lnq/∂T + T ∂²lnq/∂T²)
cV(ununterscheidbar)  =  cV(unterscheidbar)
spezifische Wärme cp = ∂H/∂T
cp  =  cV + Nk
cp(ununterscheidbar)  =  cp(unterscheidbar)

Danach sind U, H, cV, cp für beide Teilchentypen gleich, während sich für S, A, G Unterschiede ergeben.

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