Experimente mit Wellen,
Kugeln und Elektronen



A. Wellen
Abb. 1: Beugungsversuch mit Wasserwellen
Abb. 2: Verteilung einer Welle f in x-Richtung für zwei Zeiten t1 und t2.

Zwei Wasserwellen entstehen an den Löchern 1 und 2 und überlagern sich beim Detektor D zu einer Intensität I. Halten wir ein Loch zu, dann erhalten wir nur eine Welle: Wir erkennen sofort die sinusförmige Verteilung der Welle zu einem bestimmten Zeitpunkt t. Der Abstand zwischen zwei Wellenbergen (oder Tälern) ist dann die Wellenlänge l. Greifen wir einen beliebigen Punkt x heraus, dann schwingt an dieser Stelle φ als Funktion von t wiederum wie eine Sinuswelle, wobei die Wiederholfrequenz durch v beschrieben wird.
Ein Detektor D registriert die Intensität I der Welle, die durch  I = |φ|2 gegeben ist.
Wir lassen nun beide Löcher offen und beobachten die Überlagerung der beiden Wellen φ1 und φ2, die die gleiche Frequenz haben sollen; allerdings können sie um die Phase j  gegeneinander verschoben sein (s. Abb. 2). Es gilt dann:
 

f = f1
 I = |φ12|

Eine genauere Auswertung zeigt, dass für die Intensität gilt: I = I1 + I2 + 2(I1I2)½.cos j. Die Intensität schwankt also mit cos j. Besonders extrem sind diese Oszillationen  für  I1 = I2 = I0, denn dann schwankt die Gesamtintensität zwischen 0 und 4 I0:   I = 2I0·(1+cos j). D.h. wir erhalten im Extremfall nicht die doppelte, sondern die vierfache Intensität. Dies gilt natürlich für jeden Punkt x, wobei die Phase aber auch an jedem Ort x anders ist.
 


B. Kugeln
Abb. 3: Streuversuch mit Kugeln eines Maschinengewehrs

Bei einem „Interferenz“ Experiment mit Kugeln finden wir eine bestimmte Wahrscheinlichkeitsverteilung P1 für den Durchgang durch Loch 1, wenn wir Loch 2 zuhalten (bitte nicht mit der Hand) und entsprechend eine Wahrscheinlichkeitsverteilung P2 für den Durchgang durch Loch 2, wenn wir Loch 1 zuhalten. Sind beide Löcher geöffnet, dann finden wir, dass sich die Wahrscheinlichkeit für den Durchgang durch Loch 1 (P1) und durch Loch 2 (P2) addieren:
 

  P12  =  P1 + P

Wenn die Löcher weit voneinander getrennt sind, dann sind auch die Verteilungen P1 und P2 getrennt. Hier ist diese Situation etwas brachialischer dargestellt:
 
 


C. Elektronen
 
Abb. 4: Man beobachtet P12¹ P1+ P2, auch wenn immer nur ein Elektron nach dem anderen am Detektor ankommt.

Bei einem vergleichbaren Experiment mit Elektronen stellen wir fest, dass die Wahrscheinlichkeit P12 nicht die Summe der Einzelwahrscheinlichkeiten ist und zwar auch dann nicht, wenn sichergestellt ist, dass immer nur ein Elektron nach dem anderen am Detektor ankommt.:
 

  P12  ¹  P1 + P

Was wir als Intensitätsverteilung auf den Schirm beobachten entspricht genau dem Interferenzverhalten von Wellen, die wir ja inzwischen bestens beschreiben können (hoffentlich). Danach können wir das Ergebnis durch zwei komplexe Zahlen φ1 und φ2 beschreiben. Das Absolutquadrat von φ1 ergibt den Effekt wenn nur Loch 1 offen ist: P1 = |φ1|2. Analog für Loch 2 offen (aber Loch 1 geschlossen): P2 = |φ2|2. Sind aber beide Löcher offen, dann erhalten wir:
 

  P12  =  |φ12|2¹  |φ1|2 + |φ2|

Um die Beobachtungen richtig zu beschreiben, müssen wir also mit komplexen Zahlen rechnen. Soweit die Mathe; doch kommt nun das einzelne Elektron durch Loch 1 oder durch Loch 2 ?

Um das herauszufinden, führen wir ein Experiment durch, bei dem die Elektronen mit Licht beobachtet werden sollen:
 
Abb. 5: Streuversuch mit Elektronen, deren Durchgang durch die Löcher beobachtet wird.

Das Ergebnis ist ernüchternd: Die beobachtete Elektronenverteilung auf dem Schirm entspricht genau der Verteilung bei dem abwechselnd zugehaltenen Löchern. Es gilt wieder
 

 P12 = P1+P2   oder  P12 = |φ1|2+|φ2|

 


Fazit: Wenn wir ein Experiment durchführen, bei dem wir feststellen können, welchenWeg das Elektron geht, dann können wir zwar mit Bestimmtheit sagen, es hat diesen oder jenen Weg genommen, doch ist das Interferenzbild verschwunden. Wenn wir jedoch keine Möglichkeit haben das Elektron zu beobachten, d.h. grundsätzlich nicht wissen können welchen Weg das Teilchen nimmt, dann ist die Behauptung das Elektron geht entweder den Weg 1 oder den Weg 2 unsinnig. Wir dürfen nicht einmal behaupten, dass es durch das eine oder durch das andere Loch hindurchgegangen ist.

Was geschieht, wenn der Experimentator mit seiner Entscheidung, wie er das Teilchen beobachtet, wartet, bis das Teilchen den Doppelspalt durchdrungen hat und obendrein die beiden Wege weit voneinander entfernt liegen?

Im klärenden Experiment wird ein Laserstrahl auf einen Strahlteiler gelenkt und die so erzeugte Teilstrahlen werden nach der Wiedervereinigung auf einen Detektor gerichtet. Da es unmöglich ist zu sagen, ob ein einzelnes Photon den einen oder den anderen Weg vom Strahlteiler aus genommen hat, erhält man am Detektor eine Interferenz. Nun wird eine Pockelszelle in einen Teilstrahl eingefügt. Bei Anlegen einer Spannung wird ein Photon auf einen Hilfsdetektor gelenkt. Ohne Spannung bleibt alles beim alten. Ein Zufallsgenerator schaltet die Zelle ein oder aus nachdem das Photon den Strahlteiler bereits passiert hat, aber natürlich vor Erreichen des Detektors. Es zeigt sich wiederum, dass bei eingeschalteter Pockelszelle das Photon entweder den einen oder den anderen Weg genommen hat. Bei ausgeschalteter Zelle erscheint ein Interferenzmuster - das Photon hat beide Wege durchlaufen.

Dieses "Doppelspaltexperiment" zeigt auch, dass die beiden Wege beliebig weit voneinander entfernt leigen können. Im Prinzip können die beiden Teilstrahlen jeweils 1 Lichtjahr in entgegengesetzte Richtungen laufen, bevor sie wieder zur Interferenz zusammengefügt werden. Sowie die Pockelszelle so geschaltet wid, dass man weiß welchen Weg das Licht genommen hat, "weiß" das Photon über Lichtjahre hinweg instantan, wie es sich zu verhalten hat.


Versuche mit Atomen
 

Abb. 6: Bei einem Doppelspalt-Experiment mit Welcher-Weg-Detektoren werden Atome nach Passieren eines Blendensystems durch einen Laserstrahl angeregt. Die Atome fallen dann auf einen niedrigeren Energiezustand zurück, indem sie in dem Hohlraum, den sie jeweils durchqueren, ein Photon hinterlassen. Weil bei diesem Vorgang die Bewegung des Atoms nicht beeinflußt wird, kommt die Unbestimmbarkeitsrelation hier nicht ins Spiel. Trotzdem zeigt die Analyse des Versuchs, dass die Informationen "welcher Weg wurde genommen" die Entstehung von Interferenzmustern ausschliesst.



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