Berechnung der Eigenwerte des Drehimpulses

Wir wollen nun die Eigenwerte des Drehimpulses berechnen. Dazu erinnern wir uns, dass man nur das Quadrat des Drehimpulses, also L²,  und eine seiner Komponenten (sagen wir Lz) gleichzeitig scharf messen kann. Wir suchen also die Eigenwerte zu diesen beiden Messgrößen und wir wollen die Eigenfunktion Y nennen. Die nachfolgende Rechnung erfordert  Kenntnisse über Vertauschungsrelationen. Zunächst gehen wir davon aus, dass die Eigenwerte des Quadrat des Drehimpulses durch h²λ gegeben sind. Dies ist überhaupt keine Einschränkung, denn die Größe λ kann irgendeine Zahl sein, wobei h² lediglich herausgenommen wurde, um λ dimensionslos zu machen. Entsprechendes gilt für die z-Komponente des Drehimpulses, dessen Eigenwert wir mit mh bezeichnen.

Y  =  (Lx² + Ly² + Lz²)Y  =  h² λ Y

Lz² Y  =  Lz (LzY)  = Lz m hY  =  m² h² Y

 (Lx² + Ly²)Y  = (Lz²)Y  =   h² (l -)Y

Da der Gesamtdrehimpuls immer größer als eine Komponente sein muss, folgt:

l - m²  ≥  0               m²  ≤  λ

Analog zum harmonischen Oszillator faktorisieren wir Lx² + Ly² und führen zwei neue Operatoren ein:

L+ = Lx + i Ly         L = Lx − i Ly

Im Abschnitt Kommutator hatten wir schon Werte für die Kommutatoren zu Lx, Ly, Lz aufgelistet:

[L², L±]  =  0 ;  [Lx, Ly] =  i h L

[Lz, L±]  =  − [L±, Lz]  =  ± h L±

Wie beim harmonischen Oszillator sind die L+, L Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren. Zum Nachweis dieser Aussage:
 

L± L² Y  =  L±  h²λY wegen der Vertauschbarkeit →
L²  (L± Y)  =  h² (L± Y)
 

also sind (L± Y) ebenfalls Eigenfunktion zu L²,
wobei der Eigenwert nicht verändert wird

L± Lz Y  =  L± m h Y wegen der Vertauschbarkeit →
L(L± Y)  =  (± hL± + L±Lz)Y  =  (± hL± + m h L±)
L(L± Y)  =  h (m ± 1) (L± Y)

also sind (L± Y) ebenfalls Eigenfunktion zu Lz, wobei der
Eigenwert m um 1 erhöht L+ oder erniedrigt L- wird

L+ erhöht, L erniedrigt den Eigenwert von Lz um 1.

Wegen der Relation  l-m² ≥ 0  bzw.  m² ≤ λ folgt, dass es ein maximales mmax und ein minimales mmin geben muss, für die gilt:

L+Ymmax  =  0            L-Ymmin  =  0

Multiplikation von links mit L ergibt für L+Ymmax

0  =  LL+Ymmax  =  (Lx− i Ly)(Lx + i Ly)Ymmax  =  (Lx² + Ly²  +i [LxLy LyLx])Ymmax  = (Lz² - hLz)Ymmax,

wobei die Vertauschungsrelation LxLy- LyLx =  i h Lz ausgenutzt wurde. Mit den entsprechenden Eigenwerten gilt:

0  =  LL+Ymmax  =  h² (l- mmax² − mmax)Ymmax

entsprechend erhält man für Multiplikation mit L+ an L-Ymmin  =  0:
0  =  L+ LYmmin  =  h² (l- mmin² + mmin)Ymmin
 l - mmax² − mmax  =  0 } mmax² + mmax  =  mmin² − mmin
  oder 
mmax² − mmin² + mmax + mmin  =  0
l - mmin² + mmin  =  0

Umformen ergibt  (mmax + mmin)(mmax− mmin) + (mmax + mmin)  =  0  bzw.

(mmax + mmin)(mmax− mmin + 1)  =  0

 Bei diesem Produkt kann der zweite Faktor niemals Null sein, (mmax− mmin + 1) ¹ 0, da mmax  ≥  mmin ! Also muss gelten:
 

mmin  =  − mmax

Da L+ den Eigenwert um 1 erhöht (s.o.), muss die Differenz mmax − mmin eine ganze Zahl sein: Aus  mmin= − mmax  und  mmax− mmin = ganze Zahl, folgt:
 

mmax  =  ganze Zahl/2 ³  0

Wir kommen danach quantenmechanisch zu der Lösung, dass der kleinste Drehimpuls ungleich Null gerade den Wert (bzgl. der z-Achse) m = ½ annehmen kann. Dieser Drehimpuls ist der Spin oder Eigendrehimpuls des Elektrons. Wir sind zu diesem Wert gekommen, indem wir lediglich Operatoren und Vertauschungsrelationen angewandt haben.

Bezeichnen wir den maximalen Wert von m mit l, mmax = l, dann erhalten wir, da λ = mmax(mmax+1) und l ≥ 0 ist, das Ergebnis:
 

≤  m  ≤ 

λ  =  l (l + 1)

Man charakterisiert den Spin des Elektrons durch s, d.h. für den Spin ist s = 1/2 und mmax = +1/2 und mmin = -1/2 bezeichnen die beiden Einstellmöglichkeiten des Spins bezüglich der ausgezeichneten z-Achse (für gewöhnlich sagt man hierzu: ms = +1/2, -1/2) oder auf Neudeutsch: Spin up ­ und Spin down ¯). Wenn man nun versucht eine Ortsdarstellung für die Eigenfunktion zu finden, dann scheitert man. Diese gibt es nicht; vielmehr müssen die Eigenfunktionen durch Matrizen dargestellt werden. Doch davon später. Wir wollen nun die halbzahligen Werte des Drehimpulses verlassen und uns den ganzzahligen Werten zuwenden, für die es auch eine Ortsdarstellung der Eigenfunktion Y gibt. D.h. wir suchen nun die Eigenfunktionen zu:

 

L² Yl,m  =  l (l + 1)h² Yl,m

Lz Yl,m  =  m h Yl,m

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