Eyring-Gleichung

Wir wollen zur Beschreibung des Übergangszustandes vereinfachend eine Gleichgewicht zwischen den Edukten A, B und dem aktivierten Komplex AB# annehmen. Der Komplex AB# kann auch dissoziieren, um das Produkt P zu bilden:
 

 K# k#
A + B Û AB# P

Dann ist

d[P]/dt  =  k#[AB#]

Unter der Annahme eines schnellen Gleichgewichts zwischen A + B und AB# gilt für die Gleichgewichtskonstante :

K#  =  co[AB#]/[A][B]

co ist die Standardkonzentration 1 mol/l, damit wie üblich die Gleichgewichtskonstante dimensionslos ist. Auflösen nach [AB#] und Einsetzen in die DGL für die Produktbildung liefert

d[P]/dt  =  (k#K#/co)[A][B]  =  kr[A][B]

kr  =  k# K#/co

für Gase ist po = coRT, d.h. kr = (RT/po) k#K#.

Wir müssen noch k# und K# bestimmen. Beides erfordert letztlich Kentnisse der Quantenmechanik. Eine wesentliche Erkenntnis der Quantenmechanik ist, dass sich Materie nicht nur wie Teilchen, sondern auch wie Wellen verhält. Dank Planck wissen wir von Licht, dass die Energie E = hν = hc/λ ist, dank Einstein wissen wir, dass E = mc2, d.h. mc = h/λ ist. DeBroglie machte die damals recht willkürliche Aussage, dass die Wellenlänge λ nicht für das Licht mit der Geschwindigkeit c, sondern für jeden Körper mit der Geschwindigkeit v gilt (wir wissen heute, dass deBroglie hierfür zurecht den Nobelpreis erhaten hat): m · v = h/λ

λ  =  h/mv

Vom Übergangszustand nehmen wir an, dass er sich über eine Welle erstreckt. Die Lebensdauer τ des aktivierten Komplexes ist gerade die Zeit, die von den sich nähernden Edukten gebraucht wird, um diese Strecke λ zu "durchfliegen":

τ  =  λ/v  =  h/mv²

Die Geschwindigkeitskonstante k# ist durch k# = 1/τ und die Translationsenergie entlang einer Koordinate ist durch  ½ mv² = ½ kT  gegeben. D.h. wir erhalten

k#  =  1/τ  =  mv²/h  = kT/h

Damit erhalten wir für die Geschwindigkeitskonstante die Eyringsche Gleichung
 

kr  =  kT/hco K#

bzw.

kr  =  (RT/po)(kT/h) K#

Es bleibt also nur noch die Aufgabe, die Gleichgewichtskonstante K# zu berechnen, um die bimolekulare Geschwindigkeitskonstante kr für die Reaktion A + B → P zu erhalten.

Unter Gleichgewichtsbedingungen gilt nach der Thermodynamik allgemein die Beziehung zwischen der Gleichgewichtskonstante und der Gibbschen Energie:

ΔrGo  =  −RT ln K

und weiter
ΔrGo  =  ΔrHo− TΔrSo

In unserem Fall ersetzen wir K, ΔrHo und ΔrSo durch die Gleichgewichtskonstante K#, die Aktivierungsenthalpie ΔrH# und die Aktivierungsentropie ΔrS#:

ΔrG#  = ΔrH#− TΔrS#  =  − RT lnK#

Daraus ergibt sich
K#  =  exp(ΔrS#/R) · exp(−ΔrH#/RT)

und damit für die Geschwindigkeitskonstante
 

kr = Ar · e−ΔrH/RT  mit Ar = (kT/hco) eΔrS#/R

Wir erhalten also im Wesentlichen die seit Arrhenius bekannte Abhängigkeit der Reaktionskonstanten von der Temperatur, wenn wir die geringe Temperaturabhängigkeit von Ar vernachlässigen und ΔrH# durch die Aktivierungsenergie Ea (pro Mol) ersetzen. Für Gasreaktionen müssen wir die Volumenänderung mit berücksichtigen (1 mol A + 1mol B ergibt 1 mol AB#, d.h. Δn = -1):

ΔrH#  =  Ea + pΔVm  =  Ea− RT

Für gewöhnlich ist allerdings der Unterschied zwischen ΔrH# und Ea sehr klein.

Die Grössen ΔrH# und ΔrS# stehen in Beziehung zur Verteilung der Energieniveaus des Spezies A, B und AB#, die über das Boltzmannsche Verteilungsgesetz bestimmt werden können. Diesen schönen Ausflug in die phantastische Welt der Statistik wollen wir nun unternehmen.

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