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Nr.31/März 2001![]() |
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MIKROSTRUKTURIERTE ELEKTRODENSYSTEME
- UNIVERSELLE PLASMEN IM ATMOSPHÄRENDRUCKBEREICH
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![]() "Plasmatechnik" |
Bild 1: Erzeugung eines großflächigen
Mikrostrukturelektrodenplasmas aus mehreren Mikrostrukturelektroden
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gefördert durch das | Die Behandlung von Oberflächen mit plasmatechnischen
Verfahren ist heute und in der Zukunft z. B. bei der Herstellung
elektronischer Schaltkreise, photovoltaischer Bauelemente für
die Solartechnologie oder für die Erzeugung neuer Materialien
von großer Bedeutung. Forderungen an die Plasmatechnik bzgl.
der Prozeßintegration in komplexe Technologien sind:
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GRUNDLAGEN | |||||||||||
Grundlage plasmatechnischer Anwendungen ist die nicht-thermische Erzeugung von UV-Strahlung und energiereichen Teilchen (Radikale, angeregte Atome, Ionen, Elektronen), die sich als reaktives Medium in einer "kalten" Umgebung z. B. bei Raumtemperatur befinden. Sie sind in der Lage, sehr effektiv chemische Bindungen aufzubrechen. Neben den bekannten Möglichkeiten der Erzeugung von Niedertemperaturplasmen bei Atmosphärendruck in Form von Korona- oder Barriereentladungen konnte im Projekt gezeigt werden, daß, wenn die Eigenschaften der im mbar-Bereich arbeitenden, gut bekannten Gasentladungen auf Atmosphärendruck hochskaliert werden, arbeitsfähige Plasmen hoher Leistungsfähigkeit entstehen. Abb. 2 zeigt auf Basis dieser Skalierung, daß für atmosphärische Plasmen Elektrodenabstände im Bereich von 100 - 500 µm benötigt werden. Solche Elektrodenstrukturen im Mikrometerbereich können heutzutage mit Hilfe moderner mikrotechnischer Verfahren problemlos hergestellt werden. Aufgrund des geringen Elektrodenabstandes können dann bereits mit vergleichsweise moderaten Spannungen (Gleichspannung (DC), Hochfrequenz (HF)) von einigen 100 V sehr hohe elektrische Felder und somit elektrische Gasentladungen - auch im atmosphärennahen Druckbereich - erzeugt werden. Um eine flexible Nutzung von MSE-Plasmaquellen zu ermöglichen, werden verschiedene MSE-Designs (Kammstrukturen, Lochstrukturen) erprobt, so daß sowohl die Erzeugung von volumenartigen als auch von flächigen Plasmen möglich ist (Abb. 3, 4). Somit kann einerseits ein großes Reaktionsvolumen für eine effiziente stoffliche Umsetzung zur Verfügung gestellt werden, andererseits kann ein Werkstück sehr nah an ein dünnes Flächenplasma herangebracht werden. Darüber hinaus kann durch eine nicht-planare Gestaltung der MSE eine individuelle Anpassung an Werkstücke realisiert werden. Wenn mit diesen kleinen
Elektrodenabständen Plasmen größerer Abmessungen
für zukünftige industrielle Anwendungen erzeugt werden
sollen, müssen Mehrfachanordnungen, wie sie für die kammartigen
Systeme beispielhaft in Abb. 1 dargestellt sind, eingesetzt werden.
Die Elektrodenstrukturen werden dabei mit Dünnschichttechnik
auf Substraten aus hochfestem Aluminiumoxid (Al2O3)
aufgebracht und für den HF-Betrieb mit einer isolierenden, plasma-chemisch
stabilen Schutzschicht (bis zu 10 µm Dicke) versehen.
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![]() Bild 2: Elektrodenabstand in Abhängigkeit
vom Druck |
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![]() Bild 3: Aufbau und Abmessungen eine Mikrostrukturelektrode
für atmosphärisches Hochfrequenzplasma
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ERGEBNISSE UND ANWENDUNGEN | ||||||||||||
Atmosphärische HF-Plasmen mit kammartigen Mikrostrukturen Im Projekt wurde untersucht, mit welchen Gasen bzw. Gasgemischen (pd)-skalierte Plasmen bei Atmosphärendruck stabil betrieben werden können (p Druck, d Elektrodenabstand). Zu diesem Zweck wurde die minimal zum Plasmabetrieb notwendige Flächenleistungsdichte bestimmt (Abb. 5). Im Gegensatz zu entsprechenden mbar-Plasmen mit Leistungsdichten im W/cm² -Bereich weisen atmosphärische HF-Plasmen - entsprechend der Skalierung - eine um zwei bis drei Größenordnungen höhere Leistungsdichte auf. Die maximal für die Mikrostrukturen anwendbare Flächenleistungsdichte liegt derzeit bei etwa 2 W/mm² . Typischerweise werden kammartige MSE - in Abhängigkeit vom jeweiligen Arbeitsgas - jedoch mit einer Leistungsdichte von 0,03 bis 0,3 W/cm² betrieben. Strukturen mit Elektrodenbreiten von 250 µm, Elektrodenabständen im Bereich von 60 bis 140 µm sowie Schichtdicken von 2 µm (Kupfer, Gold) erwiesen sich als geeignet für stabile Entladungen in Helium und Neon bei Atmosphärendruck, wobei reaktive Gase mit einem Gehalt von bis zu 10 Vol-% zugemischt werden können, während sich mit Argon bei 1000 mbar (ohne Reaktivgas-Zumischung) bereits eine beträchtliche Leistungsbelastung der Elektrodensysteme ergibt. Insbesondere aber erfordert der Betrieb des Plasmas in molekularen Gasen bzw. Gasgemischen optimierte Systeme mit Elektrodenbreiten um 1000 µm und -abständen im Bereich von 50 - 100 µm. Darüber hinaus ist eine galvanische Verstärkung der Elektroden auf Schichtdicken bis zu 100 µm unerläßlich. Mit solchen Strukturen lassen sich dann stabile, homogene und flächige Entladungen beispielsweise in Stickstoff, oder auch in N&sub2;/CF&sub4; - bzw. N&sub2;/NO-Gemischen bei Drücken bis zu 600 mbar betreiben. Um einen ersten Nachweis
zu erbringen, daß mit den so erzeugten Plasmen technologisch
relevante Effekte möglich sind, wurden die in Tab. 1 zusammengestellten
Untersuchungen durchgeführt. Dazu wurden u.a. vier Mikrostrukturen
nach Abb. 3 zu einem Plasmamodul größerer Bearbeitungsfläche
(20 x 120 mm², Abb. 1) zusammengefügt. Da die atmosphärischen
Plasmen gegenüber konventionellen mbar-Plasmen über eine
um mehrere Größenordnungen höhere Ladungsträgerdichte
verfügen, werden entsprechend hohe Schichtabscheide- bzw. Ätzraten
beobachtet. |
![]() Bild 4: Dreidimensionale MSE |
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Erforderliche Plasmaflächenleistungsdichte
zum |
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![]() Bild 6: Harte Kohlenstoffschicht
auf Silizium-Substrat
Geometrie einer
3D-MSE- a)schematische Darstellung
Lochstrukturen in
Keramik in zwei Ausführungen
Paralleler Betrieb
von 35 Mikroentladungen in Helium |
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Tab. 1.:
Beispiele für erste technologische Anwendungen von HF-Pflastern
auf Edelgasbasis im Atmosphärendruckbereich
Mit einzelnen MSE wurden z. B. erste Versuche zur Abscheidung von harten Kohlenstoffschichten (Abb. 6) auf verschiedenen Substraten (Silizium, Glas, Aluminium) aus Gemischen von Methan bzw. Acetylen mit Helium als Trägergas durchgeführt. Die so abgeschiedenen und mittels Profilometer, Kalottenschliff und Mikrohärtemessung charakterisierten Schichten (5 - 10 µm Dicke) weisen bereits plastische Härten von über 9000 MPa auf. Die Substrate wurden vor der Abscheidung mit Aceton gereinigt, um eine gute Haftung der Filme zu gewährleisten und in einem Abstand von ca. 1 mm zu den MSE plaziert. An den Substraten lag eine Bias-Spannung von 550 Vpp (9,6 kHz) an. Die Schichtabscheidung erfolgte in einem Druckbereich von 10 bis 100 mbar bei einem Gasfluß von typischerweise 100 sccm. Die Beschichtungsdauer lag zwischen 10 und 30 Minuten. Atmosphärische Plasmen mit Lochstrukturen Dreidimensionale MSE ermöglichen es, in einem definierten Volumen (< 0,01 mm 3 ) lokal eine Mikroentladung zu betreiben. Ausgangsbasis für die 3D-MSE ist eine Mehrschichtfolie, die sich aus zwei durch einen Isolator getrennten Metallschichten zusammensetzt (Abb. 7). Dieses Ausgangsmaterial (200 - 600 µm Dicke) kann mit einzelnen durchgängigen Poren oder mit einer beliebigen Anzahl und Anordnung an Poren versehen werden (Abb. 4), wobei der Porendurchmesser zwischen 50 und 400 µm variiert werden kann. Die hohe Präzision und Reproduzierbarkeit der mikromechanischen Methoden erlauben es, großflächige Strukturen mit bis zu 10.000 Poren/cm² herzustellen. Abhängig vom Isolatormaterial lassen sich flexible Folien in fast jeder beliebigen Form fertigen. Im Hinblick auf die für Anwendungen erforderliche hohe Stabilität der Lochstrukturen wurde u.a. auch hier Al&sub2; O&sub3; -Keramik als Trägermaterial untersucht. Dazu wird eine ungebrannte Keramikfolie beidseitig in Dickschichttechnik mit einer Metallpaste versehen und anschließend spanabhebend strukturiert, vereinzelt und gebrannt (Abb. 8). Bei großflächigen Lochstrukturen wird aufgrund der damit verbundenen hohen Kapazitäten eine HF-Anregung problematisch, so daß der Fokus hier auf den Betrieb mit Gleichspannung gesetzt wird. Beim Anlegen einer Spannung von einigen 100 V zündet eine stabile Glimmentladung in den Poren (Abb. 9), wobei Ströme bis zu 20 mA pro Mikroentladung erreicht werden. Das entspricht einer maximalen Leistung von 4 W pro Mikroentladung. Dabei ist sowohl ein statischer Betrieb als auch ein dynamischer Modus mit geregeltem Gasfluß durch die Poren möglich. Für eine industrielle
Anwendung ist der parallele Betrieb von mehreren Poren bzw. großflächigen
Porensystemen von größter Bedeutung. In der ursprünglichen
Form der MSE waren alle Poren elektrisch gekoppelt, so daß
jede Instabilität einer einzelnen Mikroentladung auch unweigerlich
zu einer Beeinträchtigung der übrigen Entladungen führte.
Diese Problematik konnte durch eine elektrische Entkopplung der Entladungen
gelöst werden, indem ein Vorwiderstand auf der Anode integriert
wurde. Hierzu existieren zwei Ausführungsformen: In der ersten
wurde in der Nähe jeder einzelnen Pore ein kleiner Widerstand eingebettet,
während in einer zweiten Ausführung der Widerstand in Form
einer dünnen Germanium-Schicht über die gesamte Anodenfläche
aufgebracht wurde. Beide Ausführungen stabilisieren den Parallelbetrieb
von mehreren Mikroentladungen, besonders bei hohem Gasdruck.
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Bei der Behandlung metallischer Substrate kann an diese zusätzlich
eine Spannung angelegt werden. Über eine geeignete Spannungsführung
mittels zu den Entladungsstrecken parallel geschalteter variabler Widerstände
gelingt es, die Entladung, die sich typischerweise deutlich weniger
als 1 mm über die MSE erhebt, zu einem Substrat zu übertragen,
das 1,5 mm von der Mikrostruktur entfernt ist. Dies ist exemplarisch
in Abb. 10 dargestellt. Die aus den Poren der MSE extrahierten Plasmajets
bilden an der Bauteiloberfläche ein relativ homogenes Plasma, das
die Struktur der Plasmaerzeugung nicht mehr erkennen läßt. Damit
ergibt sich mit dieser Konfiguration prinzipiell ein Tool für die
Behandlung von metallischen Oberflächen.
Ein zweites Applikationsbeispiel stellt die Behandlung von dielektrischen Stoffen (Glas, Kunststoff) dar, wobei ein Übertragen der Entladung wie bei metallischen Substraten nicht möglich ist. Um zu klären, inwieweit die Anwesenheit des Plasmas in der Nähe des Substrates für die Oberflächenmodifikation herangezogen werden kann, wurde exemplarisch die Aktivierung von Glas mit einem Heliumplasma untersucht. Die Aktivierung läßt sich mittels Kontaktwinkelmessungen (dest. H&sub2;O) bewerten. Erwartungsgemäß steigt die Oberflächenspannung mit zunehmender Behandlungsdauer. Die räumliche Verteilung der Kontaktwinkel nach einer zehn Sekunden dauernden Plasmabehandlung in Helium bei 30 mbar wird in Abb. 11 dargestellt. Der kritische Abstand für die flächige Ausbildung der Entladung beträgt 2 mm. Die durch die Vorbehandlung
erzeugte Oberflächenspannung entspricht einem Kontaktwinkel
destillierten Wassers von etwa 30º. Abb. 11 zeigt außerdem,
daß bei einem Abstand von 4 mm eine optimale Oberflächenaktivierung
erzielt wird, die auch lateral deutlich über die Grenzen der Anregungsstruktur
hinausgeht. Selbst in einem lateralen Abstand von 4 mm erhält
man Kontaktwinkel von maximal 5º. Bemerkenswert ist aber auch,
daß bei einem Substrat- MSE-Abstand von 8 mm noch deutliche Einflüsse
des Plasmas auf die Aktivierung der Oberfläche beobachtet werden
können. |
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![]() Bild 10: Behandlung von metallischen Substraten. - Unten ist eine Dreiloch-Keramik-MSE (Lochabstand 1 mm), aus denen Jets extrahiert werden, oben ist das negativ vorgespannte Substrat positioniert
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Zukunftsperspektiven | ![]() |
PROJEKT-
ORGANISATION |
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Mit mikrostrukturierten Elektrodensystemen können flächige und volumenartige Plasmen im Niedertemperaturbereich erzeugt werden, die auch bei atmosphärischen Drücken homogene räumliche Verteilungen aufweisen. Somit kann eine effiziente stoffliche Umsetzung am - und bei Hohlkörpern auch im - Werkstück realisiert werden. Derartige Atmosphärendruckplasmen
werden zukünftig die Basis für neue industrielle Anwendungen
bilden. Sie ermöglichen Technologien, deren Potential von der
Medizintechnik über die Solarindustrie bis hin zu neuen Materialien
reicht, ohne daß ein einziger Vakuumprozeß notwendig ist.
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